Vorsicht bei Ablehnung!
Kategorische Auskunftsverweigerung lässt sich als Indiz für Diskriminierung werten
Allgemein wird empfohlen, Bewerbungsabsagen „möglichst nichtssagend“ zu formulieren, um keinen Aufhänger für Schadensersatzklagen abgelehnter Bewerber zu liefern. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 19. April 2012 (Rs. Meister C 415/10) muss dies in Zukunft zumindest dann anders gehandhabt werden, wenn der abgelehnte Bewerber für die ausgeschriebene Stelle ausreichend qualifiziert ist und Auskunft darüber verlangt, ob und aufgrund welcher Kriterien ein anderer Bewerber eingestellt worden ist.
In dem vom EuGH entschiedenen Fall forderte eine russische, 45-jährige Ingenieurin, die sich erfolglos auf eine Stelle als Softwareentwicklerin beworben hatte, Schadensersatz, weil sie wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert worden sei, und verlangte die Vorlage der Bewerbungsunterlagen des eingestellten Konkurrenten, um ihre vermeintlich bessere Qualifikation nachweisen zu können. Die Europarichter verneinten zwar einen generellen Auskunftsanspruch abgelehnter Bewerber, stellten zugleich aber auch klar, dass eine kategorische Auskunftsverweigerung durchaus als Indiz für eine Diskriminierung zu werten sein kann.
Für die Praxis gilt damit die bisherige Empfehlung, Bewerbungsabsagen möglichst gar nicht zu begründen, zwar grundsätzlich unverändert fort. Allerdings sollte künftig genau dokumentiert werden, dass unzulässige Unterscheidungskriterien bei der Auswahlentscheidung keine Rolle gespielt haben, um dies bei Nachfragen abgelehnter Bewerber nachvollziehbar darlegen zu können. Nicht notwendig wird es aber auch in Zukunft sein, die Personalien desjenigen Bewerbers zu nennen, der den Vorzug erhalten hat, und/oder Bewerbungsunterlagen anderer Bewerber vorzulegen, zumal die Bezeichnung „weicher“ Kriterien – wie zum Beispiel Sympathie, persönliche Empfehlung, Intuition („Bauchgefühl“) – als ausschlaggebend für die Auswahlentscheidung rechtlich unbedenklich ist.
Kein Anspruch auf Ausgleich

Insbesondere im Vertrieb und Außendienst übersteigen die von den Arbeitnehmern erzielten Provisionen (bzw. sonstigen variablen Entgeltbestandteile) deren Grundgehalt häufig um ein Vielfaches. Bricht die Provisionshöhe in Folge einer betrieblichen Umorganisation signifikant ein, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, die entstandene Vergütungseinbuße auszugleichen.
In seinem Urteil vom 16. Februar 2012 (Az.: 8 AZR 98/11) stellte das , Bundesarbeitsgericht jetzt klar, dass der Arbeitgeber nicht dafür sorgen muss, dass stets die maximale Höhe der variablen Entgeltbestandteile erreicht werden kann, und lehnte dementsprechend den von dem Kläger, einem Vertriebsleiter in der Versicherungsbranche, geltend gemachten Schadensersatzanspruch ab. Aufgrund seiner unternehmerischen Freiheit stünde es dem Arbeitgeber zu, seine betriebliche Organisation beliebig zu ändern, soweit (vereinbarte) variable Entgeltbestandteile nur überhaupt erarbeitet werden können. Etwas anderes gelte lediglich dann, wenn im Arbeitsvertrag eine abweichende Regelung (zum Beispiel Zusicherung eines Vertriebsgebietes in einer gewissen Größe) getroffen ist.
Dr. Barbara Putzhammer, ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Zirngibl Langwieser am Standort München. Sie berät Unternehmen und Führungskräfte in allen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts, unter anderem rund um Restrukturierung, Kündigungsschutz, Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung.
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