Eine der vielen Herausforderungen beim Hoteleinkauf für Reisende ist der Spagat zwischen geringem Preis und Komfort. Einfacher wird dieser Spagat übrigens auch dann nicht, wenn es um die Buchung hunderter von Zimmern geht. Dirk Gerdom, Präsident des deutschen Geschäftsreiseverbands VDR, leitet bei SAP das globale Travel Management – und er weiß aus Erfahrung: „Kein Geschäftsreiseplaner kann zufrieden sein, wenn er zwar einen dreistelligen Betrag gespart hat, die Reisenden aber wütend zurückkehren, weil sie abends nicht ins Internet konnten und deshalb Arbeit liegen blieb, oder wegen alten Matratzen schlecht geschlafen haben und die Verhandlung deshalb nicht gut lief.“

Während der Finanz- und Wirtschaftskrise herrschte durch alle Unternehmensgrößen hinweg die Devise „Downgrading“: Viele Reisende flogen plötzlich viel häufiger in der Economy-Klasse und mussten auch unter weniger Sternen schlafen als in den Jahren zuvor. Der „große Aufschrei“ blieb aus – was unter anderem der Überzeugungsarbeit der Travel Manager zu verdanken ist. Ein weiterer Grund: Längst haben Budgethotels von guter Qualität ihren Platz am Markt erobert.
Mittlerweile wird der Rotstift zwar nicht mehr ganz so rigoros angesetzt – die
VDR-Geschäftsreiseanalyse bestätigt aber, dass der unternehmerische Sparwille anhält. „Dies ist auch durchaus vernünftig“, erläutert Gerdom, „da bestimmte Einsparungen zu einer nachhaltigen Effizienzsteigerung im Unternehmen beitragen und damit auch in besseren Zeiten unerlässlich sind.“ Als Statussymbol hat das Hotelzimmer also ausgedient. Während ein Flug in der Business oder gar First Class unter Geschäftsreisenden immer noch deutlich mehr als in der „Holzklasse“ gilt – und natürlich auch einen ganz anderen Komfort bietet –, definiert sich kaum noch jemand über die Zahl der Sterne auf dem Messingschild neben der Hoteltür. „Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Krise“, so Gerdom. „Das Luxusdenken ist weitgehend vorbei.“
Luxus ist längst nicht alles
Wenn Luxus also nicht mehr die höchste Priorität hat und Sparen immer noch „in“ ist – wie stellen Geschäftsreiseplaner dennoch sicher, dass ein Hotel den Anforderungen ihrer Reisenden entspricht? Gütesiegel können helfen, die Recherche nach dem geeigneten Hotel effektiv zu gestalten. Doch auch hier ist die Auswahl groß: Die DEHOGA-Sterne als Orientierung? Auszeichnungen von Branchen-Wettbewerben als Richtschnur? Die Entscheidung für das passende Hotel nimmt dem Reiseverantwortlichen letztlich niemand ab. Dennoch gibt es Auszeichnungen, die Licht ins Dunkel bringen.
Die Ansätze dazu lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Viele große Verlage küren in regelmäßigen Abständen die besten Tagungs- oder die beliebtesten Geschäftsreisehotels Deutschlands. Grundlage sind Bewertungen der Kunden, die ihren Favoriten bestimmen und so – ähnlich den Rankings in Online-Bewertungsportalen – ein subjektives Empfinden widerspiegeln. Eine andere Möglichkeit, sich in der Fülle der Angebote Orientierung zu verschaffen, sind Qualitätsmanagement-Systeme, die auf einem anerkannten Audit-Verfahren beruhen und objektive Kriterien abfragen. Neben den DEHOGA-Sternen, einigen europäischen Qualitätssystemen und den internationalen Normen, die in Deutschland zum Beispiel vom TÜV Rheinland und der DEKRA vergeben werden, gibt es die sogenannten Q-Initiativen, die ursprünglich aus der Schweiz stammen. In Zusammenarbeit mit touristischen Verbänden hat sich das Qualitätsmodell unter dem Namen „ServiceQualität Deutschland“ etabliert.
Geschäftsreisende haben eigene Maßstäbe
Doch ob subjektiv oder objektiv – über die Eignung für Geschäftsreisen oder Veranstaltungen sagen beide Auszeichnungen nichts aus. „Und oft hält die Qualität und der Service nicht das, was die Sterne an der Fassade versprechen“, moniert Gerdom. „Es ist tatsächlich nicht immer drin, was auch drauf steht.“ Geschäftsreisende benötigen keinen luxuriösen Wellness-Bereich, kein zehn Meter langes Frühstücksbuffet. Duschhaube, Nagelfeile und Co. sind ebenfalls kein „Must-have“. Wenn Business Traveller unterwegs sind, gelten andere Kriterien. Geht es um eine wirklich passende Unterkunft, helfen einem die Sterne-Kategorien deshalb nur begrenzt weiter. Wo vier Sterne glänzen, weil viel Wert auf die Einhaltung von Ausstattungskriterien gelegt wird, fehlt vielleicht der notwendige Arbeitsplatz. Umgekehrt gibt es – auch für Geschäftsreisende – von A bis Z erstklassig geeignete Häuser, die allein deshalb auf der Sterneliste keine Chance haben, weil sie zu klein sind, um den für den einen Stern mehr geforderten Rezeptionsservice zu leisten.
Viele Unternehmen gehen deshalb weg von den Sternen hin zu Kundenzertifikaten wie zum Beispiel der VDR-Hotelzertifizierung. Die vom VDR mitgetragenen Siegel „Certified Business Hotel“ und „Certified Conference Hotel“ sind ein bundesweit gültiger Maßstab für Geschäftsreise- bzw. Tagungshotels. Über 365 Häuser, vor allem in Deutschland, haben sich dem strengen Kriterienkatalog gestellt, der unter anderem zwingend Web-Zugang, Mobilfunk-Erreichbarkeit, eine Arbeitsfläche im Zimmer, geprüfte Matratzenqualität und eine Rechnung nach Firmenpolitik vorschreibt.
Als sich der Verband vor mehr als acht Jahren erstmals mit dem Thema der Zertifizierung im Tagungsbereich auseinandersetzte, wurde schnell klar, dass diese Aufgabe nicht ohne starke Partner zu verwirklichen ist. Solche starken Partner hat der VDR mit der Deutschen Gesellschaft für Verbandsmanagement e.V. (DGVM), dem German Convention Bureau e.V. (GCB) und der Vereinigung Deutscher Veranstaltungsorganisatoren e.V. an seiner Seite.